Herbert Hrachovec
Das Wohlbefinden vieler Menschen hängt an Grenzen, die eingehalten werden. Der Universitätsbereich ist dementsprechend in Einzeldisziplinen gegliedert. Sicherheit und Wohlbehagen alleine sind etwas wenig. Man wünscht darüber hinaus eine Portion Abenteuer. Dazu sind interdisziplinäre Kolloquien eingerichtet. Bei Eingriffen in fremde Kompetenzen hört sich allerdings der Spaß schnell auf. Felix Kaufmanns Beschäftigung mit dem Unendlichen ist geeignet, die friedliche Koexistenz zwischen Mathematikern und Philosophen auf die Probe zu stellen.
Cantors Entwicklung einer transfiniten Mathematik provoziert (erstens) Mengentheoretiker und Erkenntniskritiker zur wechselseitigen Überschreitung von Fachgrenzen. Die Auseinandersetzung muß aus systematischen Gründen asymmetrisch verlaufen, das ist der zweite Punkt, den ich berühren werde. Drittens: Die Intervention Felix Kaufmanns im Streit um die Überabzählbarkeit ist ein gutes Beispiel. Sie greift in mehrfacher Hinsicht daneben, das läßt sich auch anläßlich eines Jubiläums nicht verbergen. Doch in der Philosophie zählt auch das wohlplazierte Scheitern. Aus den Schrammen, die sich Kaufmann bei der Mißachtung disziplinärer Schranken geholt hat, lernen seine Leserinnen und Leser.